Schnittstellen von Erbrecht und neuem Betreuungsrecht 2023

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Dr. Jasper Philippi, Hamburg

Zum 1.1.2023 ist das neue Vormundschafts- und Betreuungsrecht in Kraft getreten. Es handelt sich um eine grundlegende Reform mit einiger Relevanz für die erbrechtliche Beratung.

Die wohl größte materielle Neuerung findet sich in § 30 des neuen Betreuungsorganisationsgesetz (BtOG). Darin wird ein „Begünstigungsverbot“ für berufliche Betreuer eingeführt. Erfasst sind sowohl lebzeitige Schenkungen als auch Zuwendungen durch Verfügung von Todes wegen. Dem Betreuer ist es untersagt, über die ihm zustehende Vergütung hinaus Geld oder geldwerte Leistungen vom Betreuten anzunehmen. Anders als bei den Testierverboten der Heimgesetze greift nicht die Nichtigkeitssanktion des § 134 BGB für die Zuwendung selbst, sondern verbieten die Berufspflichtender Berufsbetreuer die Annahme. Möglich sind aber (ähnlich den Testierverboten der Heimgesetze) behördliche Befreiungen (hier: durch das Betreuungsgericht, § 30 III BtOG).

Die gerichtlichen Genehmigungserfordernisse haben eine neue Struktur: Die bisherigen §§ 1821 ff. BGB finden sich jetzt in §§ 1848 ff. BGB n.F. Die Tatbestände wurden nach Lebenssachverhalten neu gegliedert. § 1851 BGB n.F. enthält jetzt zusammenfassend alle Genehmigungstatbestände für erbrechtliche Rechtsgeschäfte. Die Vorschrift geht über § 1822 Nr. 1, 2 BGB a.F. erheblich hinaus. Auch der Verzicht auf die Geltendmachung eines Vermächtnisses oder Pflichtteilsanspruchs und die Abschichtung in der Erbauseinandersetzung sind nun ausdrücklich aufgeführt (§ 1851 Nr. 1, 3 BGB n.F.). Für genehmigungsbedürftige einseitige Rechtsgeschäfte (s. Erbausschlagung) ist jetzt gesetzlich geregelt, dass der Antrag auf gerichtliche Genehmigung fristwahrend ist und dass eine laufende Frist für die Dauer des Genehmigungsverfahrens gehemmt ist (§ 1858 III BGB n.F.).

Für Vorsorgevollmachten sind zukünftig von Belang: die Neuregelung zur Widerrufskompetenzeines Betreuers (§ 1820 V 1 BGB n.F.), die neue Suspendierungsmöglichkeit bei Missbrauchsverdacht (§ 1820 IV 1 BGB n.F.), die nähere Ausgestaltung zur Kontrollbetreuung (§ 1820 III BGB n.F.) und das gesetzliche Vertretungsrecht für Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten (§ 1358 BGB n.F.). Letzteres ist ein echtes Novum. Es soll die Lücken durch fehlende Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen schließen. Die einstweilige Suspendierung einer Vollmacht soll die häufig streitanfälligen Situationen um einen Widerruf entschärfen. Ein vorläufiges Ausübungsverbot soll eine Klärung der Verhältnisse in der Schwebezeit erleichtern.

Praktisch bedeutsam ist ferner die Ausweitung von Anordnungen zur Verwaltung von ererbtem und geschenktem Vermögen, die künftig auch Schenkungen auf den Todesfall und Verträge zu Gunsten Dritter erfassen können (§§ 1639, 1811, 1837 BGB n.F.).

Für Sorgerechtsverfügungen findet sich das Benennungsrecht von Todes wegen jetzt in § 1782 BGB n.F. Eine Regelung für lebzeitige Ausfälle hat es nicht ins Gesetz geschafft. Hier bleibt es beim Ermessen des Gerichts, das die elterlichen Anordnungen aber (natürlich) zu berücksichtigen hat, § 1778 II Nr. 2 BGB n.F.

Die nähere Auseinandersetzung mit der Reformempfiehlt sich auch für die anwaltliche Beratung im erbrechtlichen Mandat.

 

Dieser Text wurde veröffentlicht im BRAK Magazin, Ausgabe 1/2023. Das gesamte Heft kann hier abgerufen werden: https://www.brak-mitteilungen.de/media/BRAK_2023_Heft01_komprimiert.pdf

 

Veranstaltung zum Thema im DAI:

 
 
Referent: Lars Mückner, Richter am Amtsgericht, Duisburg
21.04.2023
13.30 – 19.00 Uhr (5 Zeitstunden – mit Bescheinigung nach § 15 FAO)
DAI-Ausbildungscenter Bochum/Live-Stream

 

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